In der Karibik angelangt, erlebt man sofort eine Palette von aufeinander abgestimmten Farben. Das Blau über uns und das Blau am Horizont. Helle Farbtöne an den Stränden, das Grün der üppigen Vegetation, kombiniert mit dem Braun von Stamm und Früchten wie im Fall der Kokospalme, wobei über allem die durch den leuchtenden Glanz der Sonne erzeugte goldene Farbe dominiert. Ein Kernelement dieser von Impressionismus geprägten Landschaft sind ihre Häuser.

Die ersten hier angelangten Eroberer wußten nicht, was sie in dem bis dahin völlig unbekannten Gebiet erwartete. Sie hatten keine Vorstellung davon, welche Produkte sie erzeugen und wie sie ihre Häuser zum Zwecke der bestmöglichen Anpassung an die lokalen Bedingungen bauen sollten – vielleicht warteten sie lange Monate auf einen Winter, bis sie merkten, daß im Klima der Zone stete Hitze und Feuchtigkeit vorherrschend waren. Die eingeborenen Indios versuchten, den Ausländern behilflich zu sein, wobei jedoch die Ankömmlinge nicht gerade auf engere Freundschaftsbeziehungen zu ihnen erpicht waren.

Die neuen Eroberer errichteten provisorische Unterkünfte. Sie trugen sich immerdar mit dem Gedanken, nach Hause zurückzukehren. Doch als sie sich bewußt wurden, welches Geschäft mit dem Zucker zu machen war, begannen sie, zum Zwecke ihrer definitiven Niederlassung Häuser zu errichten. Im Zuge der Entwicklung des Handels wurden diese Häuser zu großen Palästen, die dann mit der Zeit fast alle wieder verschwanden.

Die Architektur in der Karibik ist nämlich nichts anderes als eine Mischung aus den Gewohnheiten der Eingeborenen und den Einflüssen der Europäer, die sich hier niederließen. Jedes einzelne der Häuser ist ein künstlerischer Auszug mit den wichtigsten Details all jener Zivilisationen, die in der Karibik gelebt haben.

Der Einfluß der Inseln zeigt sich an der Lage der Wohnhäuser. Bereits den Eingeborenen der Antillen war bekannt, daß der Wind, der die für das Leben auf den Inseln unerläßliche Frische mit sich bringt, stets von Ost nach West weht. Dieser Umstand wurde also bei der Wahl des Standortes und dem Bau des Wohnhauses in Betracht gezogen.

Auch ein so alltägliches Element wie der bedachte Gang ist auf das Klima zurückzuführen. Durch die großen Fenster wird Glanz und Helle von außen in gedämpftes Innenlicht umgewandelt. Zweiflügelige Türen und Fensterläden aus Holz regulieren den Einfall des Lichts in die Zimmer und halten die Hitze ab.

Der wichtigste Baustoff auf den Antillen war das Holz. In der Vergangenheit war es faktisch das einzige Baumaterial, wurde jedoch dann im Verlaufe der Zeit durch Zement oder Ziegel abgelöst.

In den unteren Etagen kam zur Vermeidung möglicher Brände Stein zum Einsatz, während für die oberen Etagen Holz benutzt wurde, das unerwartete Erdbeben besser übersteht.

Im Zuge der Suche nach Gold, die im 16. Jahrhundert die Europäer in die Karibik führte, kam es zu einer Bauweise, die ihren Ausdruck im Kolonialstil findet. Erste Vertreter sind bescheidene Unterkünfte auf den Antillen. Die ersten Bewohner benutzten natürliches Material und Techniken von Afrikanern und Indios für kleine Räume mit Wänden aus Zweiggeflecht. Es gab dafür zahlreiche, jedoch heute bereits nicht mehr existierende Beispiele.

Von den ersten Eroberern, den Spaniern, stammen Details aus Schmiedeeisen, die Benutzung von Ton und Keramik für Dächer, Fußbodenplatten und Wandfliesen sowie lange über die gesamte Fassade führende Balkone. Haiti und Trinidad zeigen englischen Einfluß.

Im 18. Jahrhundert waren die Wohnhäuser von bescheidenen Ausmaßen. Die großen englischen Paläste fielen auf durch Eleganz und Komfort. Daher baute damals jeder, der es sich leisten konnte, nach dem Vorbild der Engländer.

Einsetzend mit dem 19. Jahrhundert drangen die nordamerikanischen Erfindungen in den Alltag der Bewohner der Karibik, die nun vorgefertigte Wohnhäuser aus den Vereinigten Staaten importierten und dadurch ihren eigenen Hausbau vereinfachten. Dabei waren jedoch zweifelsohne ihre Fertigkeiten und Erfindungsgabe in ihren Aktivitäten präsent.

In den ländlichen Gegenden zeichnen sich die Wohnhäuser der Pflanzungen durch ihre leuchtenden Farben aus. Die hellen Farben der Wände bilden einen Kontrast zu dem dunklen Holz der Möbel und Treppen. Wunderschöne über die gesamte Finca angelegte Gärten machen auch vor der Schwelle des Wohnhauses nicht Halt und füllen jeden Winkel des Heims mit Leben. Gebräuchlich ist ebenfalls ein Portal mit Holzfußboden.

Die Stadthäuser sind warm und windgeschützt. Früher besaßen alle einen großen Garten, doch diesen Luxus besitzen heutzutage nur einige wenige. Das typische Stadthaus steht in engen Straßen. All diese Häuser sind nach dem gleichen Schema errichtet: im Erdgeschoß das Lager und die Wohnräume in den oberen Etagen.

Im Verlaufe der Jahre hat sich auch die Karibik den Umständen der Zeit angepaßt. Übernommen wurden sowohl Fortschritte als auch Begrenzungen einer jeden Epoche, doch niemals wurden an den Eigenheiten und der eigenen Identität Abstriche gemacht. Man kann die Karibik an ihren Häusern unterscheiden, die an Vitalität natürlich nichts eingebüßt haben.