Die Casa Cervantes auf der Calle Mayor, mit wunderschönen modernistischen Erkern und Balkonen. Erbaut 1900 von Víctor Beltrí.
Kopf eines Kindes aus dem archäologischen Museum der Stadt

Zwischen Feiertagen, Geschichte und Traditionen

Als General Hasdrubal der Schöne Qart Hadas im Jahr 227 v.Chr. an der Stelle der bereits bestehenden Siedlung Masti (4.Jahrhundert v.Chr.) neu gründete, konnte er sich sicherlich nicht vorstellen, dass die heute Cartagena benannte Stadt eine der vielversprechendsten Touristenstädte des heutigen Spaniens werden würde

Im lange vergangenen 2.Jahrhundert v.Chr. wurde Qart Hadas zur Hauptstadt des Karthagischen Reiches, das von Hannibal in Spanien errichtet wurde, ja, von eben dem, der aus dieser Stadt mit seinen Elephanten loszog, die Alpen überquerte und im Jahr 218 v.Chr. drohte, Rom zu erobern.

Das kulturelle Erbe Auch wenn dies alles in der Nacht der Zeiten verschwindet, verbleiben jedoch das kulturelle Erbe und die Traditionen. Heute ist Cartagena berühmt für seine Feste der Karthager und Römer und die Prozessionen der Karwoche, die das Augenmerk des Internationalen Tourismus auf sich lenken, sowie für sein breites monumentales und archäologisches Erbe. Dank seiner strategischen Position im levantinischen Mittelmeerraum wurde Cartagena seit lange vergangenen Zeiten von Zivilisationen bewohnt, die während ihrer glorreichen und bewegten Geschichte ihre Spur im reichen kulturellen Erbe hinterlassen haben. Um diese zu ergründen, gibt es verschiedene Wege: Die Archäologische Route umfasst das Römische Theater aus dem späten ersten Jahrhundert vor Christus, dessen Museum 2008 eröffnet wurde und das heute das meistbesuchte Museum im Gebiet von Murcia ist. Über dem Theater erheben sich die Ruinen der Kathedrale „Nuestra Señora de la Asunción“ (Mariä Himmelfahrt), bekannt als „Santa María la Vieja“ (die Alte Heilige Maria) vom Ende des 13.Jahrhunderts, die während des Bürgerkrieges zerstört wurde. Ebenfalls auf der Route befindet sich der Punische Wall, errichtet im Jahr 227 v. Chr. bei der Gründung der Stadt, und die Byzantinische Mauer, die in einem Keller in der Nähe des Theaters erhalten ist. Die Barocke und klassizistische Route umfasst das Campus Muralla del Mar (Gelände der Meeresmauer), ein ehemaliges Marine-Hospital, das nach der Transformation der Stadt zum wichtigsten spanischen Flottenstützpunkt im Mittelmeer errichtet wurde. Heute ist es Sitz der Technischen Universität von Cartagena. Weitere barocke und klassizistische Bauten militärischen Ursprungs sind die Mauer Carlos des Dritten, die Marineschule, die Hauptmannsstelle (1740 erbaut und später umgebaut), die Pforte des Arsenals und der Artilleriepark, Sitz des Militärmuseums. Ebenso gibt es zahlreiche barocke und klassizistische Kirchen, die einen Besuch wert sind, unter ihnen die Kirchen Carmen, Santo Domingo und Santa María de Gracia. Die Kirche der Caridad (Barmherzigkeit), erbaut im 19. Jahrhundert, ist eine der wichtigsten der Stadt, da es der Tempel ist, welcher der Schutzheiligen der Stadt gewidmet ist, der Jungfrau der Barmherzigkeit. Ihr Innenraum wird im Mittelschiff von einer großen Kuppel beherrscht und beherbergt eine große Auswahl von Gemälden und Skulpturen des Spanischen und Italienischen Barocks sowie Gemälde von Wessel de Guimbarda. Die Modernistische und Eklektische Route überrascht durch die große Anzahl von modernistischen Gebäuden des Anfangs des 20.Jahrhunderts, als sich die Bourgeoisie aufgrund des Wachstums des lokalen Bergbaus in der Stadt installierte. Besonders treten die vom großen modernistischen Architekten Víctor Beltrí errichteten Bauten hervor, unter ihnen das Grand Hotel, der Palacio de Aguirre (Sitz des Regionalmuseums für Moderne Kunst), der Konsistorialpalast (Rathaus) und der Palacio Pedreño. Eine Extra-Erwähnung verdienen die Werke der „technologischen Archäologie“: das erste selbstangetriebene U-Boot, ein Werk des spanischen Ingenieurs Peral, das im Originalmodell erhalten ist, und der Panorama-Lift.

Festtage für jeden Geschmack In Cartagena gibt es zu jeder Jahreszeit Festtage. Sie beginnen mit dem Karneval, der im Februar gefeiert wird, am Wochenende vor Aschermittwoch. Ihm folgt die Karwoche, die das Interesse des Internationalen Tourismus auf sich zieht und das älteste Fest Cartagenas ist, das an den zehn Tagen zwischen dem Freitag des Leidens (Freitag vor Palmsonntag) und dem Ostersonntag die größten Besucherzahlen anzieht. Vier Zünfte gehen mit ihren Prozessionen auf die Straße, die sich durch die Ordnung ihrer Teilnehmer, das Licht, die Farbenfreude und das Spektakuläre der Throne von Cartagena auszeichnen.

Cruces de Mayo (Kreuze des Mai) Der Monat Mai ist auch Monat der Festivals, und in diesem Jahr 2010 organisierte der Stadtrat der Festlichkeiten wie in jedem Jahr die Begehung des Frühlingsbeginns mit dem traditionellen Fest des Mai-Kreuzes (Cruz de Mayo), das widerstreitende Chöre und Sevillanas einschließt und auf verschiedenen Straßen und Plätzen der Innenstadt und der Wohngebiete gefeiert wird. Die Feier des Heiligen Kreuzes tritt von Alters her in allen Kalendern Spaniens auf und steht in Beziehung zum Auffinden des authentischen Kreuzes Christi durch die Heilige Helena, eine der Passionserzählungen des zehnten Jahrhunderts. Die Geschichte enthält zweifellos viel Legende, aber die Feier hält sich trotz der Änderungen, die die Art der Begehung durchlaufen hat, und ist in der Gegenwart als Feierlichkeit der Heiligen Helena um den 3.Mai aktuell. In diesem Jahr gab es achtzehn Altare, die von ebenso vielen Vereinen, Zünften, Bürgervereinigungen und Kulturgruppen, Karthagern und Römern und anderen Gruppen mit ihren Blumen zur Dekoration von Straßen und Verkaufsständen mit Essen und Wein aufgestellt wurden. Die Bevölkerung nutzt die Gelegenheit und zieht auf die Straße, um die von den Vereinen programmierten Veranstaltungen bei dem schönen Wetter, das in dieser Jahreszeit herrscht, zu genießen.

Das „jüngste“ Festival Vor fünf Jahren gesellte sich zu den Mai-Festivals das Festival neuesten Datums, das der Jungen Talente „Mucho Más Mayo“ (Viel mehr Mai), das aber bereits massenhaften Zulauf hat. Es wird jährlich unter der Teilnahme junger Schöpfer ausgeführt, bedient sich gesellschaftlicher Räume als Szenarium für seine Angebote, die mit der städtischen Kunst, dem Film und der Musik verbunden sind, und wird vom Rat für Jugend und Tourismus in Zusammenarbeit mit privaten Einrichtungen organisiert. Bei dieser 5.Auflage unternahmen die Organisatoren des Festivals große Anstrengungen, trotz der Reduzierung des Budgets um etwa 20%, die vorhandenen Ressourcen zu optimieren und eine der vollständigsten und intensivsten Ausgaben zu bieten. Da es traditionellen Charakter hat, funktioniert es als eine Konstellation kultureller Angebote, deren Drehpunkt das künstlerische Schaffen junger Schöpfer im breitesten Sinne ist. Ein bahnbrechendes Angebot, das andersartige Formate und Räume ausprobiert, war das Projekt „Direkt in deinem Wohnzimmer“, ein Zyklus von Konzerten kleinen akkustischen Formats, die in privaten Häusern in einer intimen und nicht wiederholbaren Athmosphäre ausgeführt werden, ohne Tonanlagen oder Elemente, die das wahre Wesen der Musik verändern oder verstecken. Das Programm der Workshops hatte fünf Angebote: On the spot. Performance-Workshop, Schöpferisches Schreiben, Künstlerische Vermittlung in städtischen Kontexten, Zeitgenössischer Tanz und Städtischer Tanz. Das Festival schließt die Nacht der Museen ein, zu der acht von ihnen am 15.Mai in den Nachtstunden gratis öffnen, mit einem breiten Programm kultureller Veranstaltungen mittelalterlicher Musik, Jazz, Poesie, klassischer Musik, Städtischem Pop, Projektionen, Film und Tanz, was die Nacht zu einem großen Fest der Kultur macht und alljährlich etwa 15.000 Besucher anzieht. Ein anderer interessanter Vorschlag war die dritte Ausgabe von ART Hotel, mit der zehn Galerien die Zimmer und Terrassen der letzten Etage des Hotels NH von Cartagena in Räume umwandelten, in denen die aktuellsten Kunsttendenzen ausgestellt wurden, ein avantgardistisches Kunstmuseum, wo die teilnehmenden Galerien die Besucher einmal mehr mit Installierungen, Videoschöpfungen, Gemälden und Skulpturen überraschten. Die Musik blieb ebenfalls nicht zurück, mit dem Festival „Mucho Más Música“, das ein Massenkonzert unter freiem Himmel mit Gruppen zeitgenössischer Musik bot. Kurz und gut, es gibt viele Angebote im jüngsten Festival von Cartagena, aber nach den letzten Akkorden der Abschlussnacht ist das Jahr der Festivals in der Stadt noch nicht zu Ende, denn im Juli folgt „La Mar de Músicas“ (Das Meer der Musik), ein Festival der Weltmusik, und im November das Internationale Jazzfestival und das Filmfestival. Ohne zu vergessen, dass im September die berühmten Feierlichkeiten der Karthager und Römer beginnen, die die Eroberung der alten Stadt von Qart Hadas durch Rom begehen, und die Stadt zehn Tage lang in die Geschichte der Antike eintaucht. Nicht schlecht für eine Stadt mit mehr als zweitausend Jahren Geschichte. Zweifellos wäre Hasdrubal der Schöne zufrieden.