Champola
Die tropischen Früchte sind leckere Symbole der Identität der karibischen Völker. Guaven, Mangos, Bananen, Ananas... sind mit Dichtungen und Musik der verschiedensten Arten und Gattungen besungen worden. Aber ihre Vielfalt ist so groß, dass sich andere, wie Stachelannone, Zimtapfel und Chirimoya kaum hervorheben. Sie haben ihre indigenen Namen bewahrt und sind durch den Glanz anderer etwas in den Hintergrund geraten.
Die Stachelannone (Annona squamosa) ist ein kaum fünf Meter hoher Baum mit weißlichem Holz und dunkler Rinde. Die Blätter sind länglich und die Blüten weiß bis gelblich. Die Frucht gleichen Namens wiegt im reifen Zustand etwa 250 g . Sie ist schuppig und von grünlicher Farbe. In ihrem Inneren sind die harten und schwarzen Kerne in das weiße und süße Fruchtfleisch eingebettet. Der Baum ist in der gesamten Karibik verbreitet.
Der Zimtapfel (Annona muricata) ähnelt ihr, ist aber größer. Seine dunkelgrünen Früchte können ein Gewicht von mehr als 2 kg erreichen und haben eine von weichen Stacheln bedeckte dünne Schale. Der Geschmack ist eine aromatische Mischung aus sauer und süß und sehr angenehm. Das weiße Fruchtfleisch ist zart und saftig und eine wahre Delikatesse. Der Baum kommt in der Karibik, Mittel- und Südamerika vor.
Der Rahmapfel (Annona cherimola) oder Chirimoya stammt aus den Andentälern Ecuadors und Perus, er ist dem Gebirgsklima angepasst. Da er sehr anfällig für Insekten ist, die seine Blätter durchbohren, ist er in der Karibik nicht sehr verbreitet. Die Früchte des langsam wachsenden Baums sind von dreieckigen nicht hervortretenden Schuppen bedeckt.
Die Früchte dieser Gruppe sind zuckerreich und haben dank ihres Gehalts an Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten und vor allem an Vitaminen und Mineralstoffen einen hohen Nährwert. Sie enthalten viel Phosphorsäure und man glaubt, dass sie dazu beitragen, die Entwicklung von Krebserkrankungen aufzuhalten. Obwohl alle drei zur Zubereitung des Champola genannten, schmackhaften Erfrischungsgetränks verwendet werden, ist der Zimtapfel dafür am beliebtesten.
So, wie in den meisten Fällen, gibt es nicht nur ein einziges Rezept für die Champola. Obwohl es Leute gibt, die darauf bestehen, sie mit Wasser zuzubereiten, braucht man für die am weitesten verbreiteten Rezepte unbedingt Milch, am besten Kondensmilch. Sie wird mit dem Fruchtfleisch, Zucker nach Belieben und einer Prise Salz, zur Hervorhebung des Geschmacks, vermengt. Die Mischung wiederholt stark umrühren, bis die Kerne sich von der Masse trennen und dann alles durchseihen. Natürlich gibt es Varianten: mit gezuckerter Kondensmilch und weniger Zucker, mit reiner Kuhmilch und sogar mit Voll- oder Magermilchpulver. Ich habe Rezepte gesehen, in denen empfohlen wird, die Champola nach dem Durchseihen mit reifen Erdbeeren zu mixen.
Eine weitere Variante ist der Vorschlag, das entkernte Fruchtfleisch mit gezuckerter Kondensmilch, Kuhmilch und Kondensmilch zu mixen, die Masse zwei Stunden lang gefrieren zu lassen, erneut zu mixen und wieder gefrieren zu lassen. Auf diese Weise bekommt man ein exquisites Speiseeis. Auf Cuba stellten die chinesischen Einwanderer ohne Milch wunderbares Speiseeis her, aber sie haben das Geheimnis mit ins Grab genommen. Es ist bekannt, dass die Azteken in Mexiko die Schokolade nur mit Wasser herstellten, das Hinzufügen der Milch war eine geniale Erfindung der Spanier.
So ist die beliebte Champola, deren Name von einer Autorität wie Don Fernando Ortiz als afrikanischen Ursprungs bezeichnet wurde, wahrscheinlich ein kultureller Hybride, gleich vielen anderen, denen wir in diesen Ländern begegnen. Wegen ihrer weißen Farbe ist die Champola eine Gabe, die Obbatalá geopfert wird, einer hohen Gottheit aus der Götterwelt der Yoruba.
Sie wird zusammen mit Cremespeise, Milchreis, Kakaobutter und Pulver aus zerriebenen Eierschalen (Cascarilla) dargeboten. Sie ist auch sehr alt. Es wird berichtet, dass die Champola neben der „Fliegenden Untertasse” (kleines, mit Schinken und Käse belegtes Brot) und dem Puten-Sandwich auf der Speisekarte des 1808 von dem Katalanen José Capdeville gegründeten Gran Café de la Parroquia (Das Große Café der Gemeinde) stand, einer Ikone des Hafens von Veracruz in Mexiko, das für sein familiäres und traditionelles Ambiente berühmt war.
Obwohl dieses erfrischende Getränk in der gesamten Karibik genossen wird, in der Inselwelt und auch auf dem Festland, vor allem an den heißen Abenden, ist vielleicht Kuba das Land, in dem es am häufigsten in der Literatur erwähnt wird. Es wird erzählt, dass im 19. Jahrhundert die Frau des Intellektuellen Domingo del Monte, Rosita Aldama, die literarischen Abende, die in ihrem Haus abgehalten wurden, mit Champola belebte. Federico García Lorca, der sie in Havanna probierte, im Café-Restaurant Las Columnas (Die Säulen), an der Ecke der Straßen Prado und Neptuno, versicherte, dass er auf der Welt kein Erfrischungsgetränk kenne, das einen wohlklingenderen, musikalischeren und hochtrabenderen Namen habe und auch keines, das besser schmecke. Der Chilene Pablo Neruda, der schon in Paris von ihr gehört hatte, lernte sie in Havanna, im Haus des Dichters und Essayisten, Ángel Augier, kennen und bezeichnete sie als „sensationelles tropisches Erfrischungsgetränk”. Der Dichter, Erzähler und Essayist, José Lezama Lima, bot sie seinem Kollegen, Reynaldo González, der von der Zuckerrohrernte zurückgekehrt war, mit den für seinen Stil typischen Worten an: „Letztendlich, wenn die Krieger sich nach blutigen Schlachten zur Auswertung hinsetzen, sollen sie dabei den Wein ihrer Heimat trinken.“
In meiner Kindheit, wenn ich bei meiner Großmutter blieb, wurde abends Bingo gespielt. Das Haus war voller Nachbarn und Freunde und meist bot sie in der Pause Malzbier mit gezuckerter Kondensmilch und Kuchen mit Guavenmarmelade an. Aber wenn es kein Malzbier gab, hatte sie immer ein oder zwei reife Zimtäpfel, die sie auf ihrem Hof geerntet hatte, für das Ritual der Champola beiseitegelegt. Ich ging erst nach der Verteilung dieser Erfrischungen ins Bett, da ich überzeugt war, dass ihr Genuss mir süße Träume bescherte. Noch heute, so viele Jahrzehnte später, läuft mir das Wasser im Mund zusammen, sobald ich nur dieses magische und wohlklingende Wort ausspreche: Champola!