Camagüey Von den Glocken Behütet
Die vorherrschende Stellung der großen Kirchen und Klöster innerhalb des Stadtgebiets gab Camagüey im 20. Jahrhundert den Beinamen Stadt der Kirchen. In dem unregelmäßigen Stadtgefüge, das sich durch ein System zusammenlaufender größerer und kleinerer Plätze auszeichnet, stechen Einrichtungen der katholischen Kirche hervor, was die ursprüngliche Strukturierung der Stadt in Stadtviertel und Religionsgemeinden verdeutlicht und sie zu einem Ausnahmefall in Kuba macht.
Die repräsentativsten Tempel, die den Spuren der Zeit getrotzt haben, befinden sich an den fünf wichtigsten Plätzen und stellen die am besten erhaltenen architektonischen Werke dar.
Die Pfarrkirche Parroquial Mayor steht am Agramonte-Park, dem früheren Exerzierplatz. Das monumentale Gebäude wurde im Jahr 1998 wiedereröffnet, nachdem es eine vollständige Renovierung erfuhr, einschließlich der Rekonstruktion des Dachs mit der Nachbildung des ursprünglichen Dachstuhls aus waagerechten und schrägen Dachbalken. Außerdem wurden zahlreiche Originaldetails sowie Glasmalereiarbeiten eingefügt.
Am 5. Dezember des gleichen Jahres wurde sie durch die Gründung der Erzdiözese zur Erzbischöflichen Kathedrale. Von hier geht die Christus-Straße ab, die zu einer anderen Kirche führt, der Iglesia del Santo Cristo del Buen Viaje, welche auf ihrem Hofgelände den Hauptfriedhof von Camagüey beherbergt. Möglicherweise gibt es im ganzen Land keine zweite Straße mit diesen Merkmalen.
An der früheren Plaza de San Francisco, dem heutigen Martí-Park, befindet sich die Herz-Jesu-Kirche, Iglesia del Sagrado Corazón. Das neogotische Gebäude wurde zwischen 1912 und 1919 erbaut und ersetzte die frühere Kirche San Francisco. Ihre architektonischen Besonderheiten machen sie einzigartig, so dass diese Kirche leicht von den anderen zu unterscheiden ist.
Die Herz-Jesu-Kirche hat drei Türme, die durch pyramidenförmige Fialen abgeschlossen werden, welche sich von den anderen Bauten abheben. Ihr letzter Umbau, der von 2002 bis 2004 stattfand, umfasste die Errichtung eines neuen Dachs mit Metallkonstruktionen, die Abdichtung der Gewölbe, die Umstrukturierung der Türme, die Anbringung von Ankerseilen und die Wiederherstellung der Innenauskleidung. Das durch die Glasfenster eindringende Licht erzeugt im Innenraum eindrucksvolle Lichtspiele, die die religiösen Praktiken offenbaren.
An der Plaza de la Merced steht eine im Jahr 2004 restaurierte Klosterkirche. Sie zeichnet sich durch das System verschiedenartiger Ziegelgewölbe und die elliptische Kuppel über dem Presbyterium aus. Ihr kultureller Wert ist besonders hoch einzuschätzen, wenn man bedenkt, dass sie im Landesinneren die einzige Einrichtung mit diesen Charakteristiken ist und es in Havanna nur eine kleine Gruppe ähnlicher Klosterkirchen gibt.
Zu ihren Schätzen gehören drei Ölgemälde aus dem 17. Jahrhundert sowie das im Jahr 1762 angefertigte Heilige Grab aus Silber.
Ihr zehn Meter hoher und zehn Meter breiter Altar weist eine beeindruckende Vision des neugotischen Stils auf, ist aus vergoldetem Zedernholz auf einem Unterbau aus Marmor gearbeitet und hat zwei Kruzifixe. Alle diese Werke sind von hohem Wert.
Eine Attraktion sind auch die Katakomben mit Gräbern aus der Kolonialzeit sowie religiösen Gegenständen, die bei Ausgrabungen gefunden wurden. Im Innenhof des Klosters herrscht das für die Stadt typische magische Ambiente mit üppiger Vegetation und Tontrögen, Kennzeichen Camagüeys.
Am Platz San Juan de Dios befindet sich die gleichnamige Krankenhaus-Kirche. Ihre erste urkundliche Erwähnung im Zusammenhang mit Bestattungen stammt aus dem Jahr 1687. Ihr Fußboden aus Ziegelstein und ihr Dachstuhl aus Holz mit Tonziegeln sind immer noch erhalten. Im Inneren gibt es fünf Altäre mit Skulpturen und Altarbildern aus Edelholz.
Das frühere Krankenhaus, das nur für Männer vorgesehen war, öffnete seine Türen im Jahr 1847 und war das einzige außerhalb von Havanna. Sein Hof ist von Galerien aus verschiedenen Bogengängen umgeben: mit Rundbögen im Erdgeschoss und Korbbögen im Obergeschoss. In der Mitte, der traditionelle Brunnen mit verziertem Brunnenrand.
An diesem Ort standen Priester Manuel Martínez und Pater Olallo dem Leichnam von Ignacio Agramonte bei, der von den spanischen Streitkräften hierher gebracht worden war. Heute beherbergt das Gebäude das Provinzzentrum für Kulturerbe. Die sterblichen Überreste von Pater Olallo, der im Jahr 2003 selig gesprochen wurde, ruhen auf dem Gelände neben denen von Wohltätern der ursprünglichen Einsiedelei.
Die Kirche Nuestra Señora del Carmen wurde in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erbaut und 2003 restauriert. Sie ist die einzige Kirche mit zwei Türmen in der Provinz. Ursprünglich gehörte sie, zusammen mit einem Kloster der Ursulinen und einem Krankenhaus für arme Frauen, zum größten Ensemble religiöser Gebäude der Kolonialzeit in der Stadt.
Gegenwärtig sind die Kirche und das ehemalige Kloster, jetzt Sitz des Stadthistorikers, vollständig wiederhergestellt und es wird der frühere zweite Klosterkreuzgang restauriert, der nun als Sitz der städtischen Filiale der Kunsthochschule dient.
Insgesamt zeichnet sich dieses architektonische Ensemble durch seine koloniale Typologie aus. Die Kirche erhielt mit der Restaurierung ihr Kraggewölbe wieder. Die halbkugelförmige Kuppel ist die einzige mit Dachreiter und Laterne in Camagüey. Einzigartig ist auch die Zwischendecke der Empore mit einem sehr flachen Kreuzgratgewölbe, was zumindest in den kubanischen Kirchen selten ist.
Camagüey bleibt im Banne seines religiösen Erbes auch weiterhin ein obligatorisches Reiseziel für alle, die an einem Rundgang zwischen Glocken und Pflastersteinen Freude haben.