COSTA RICA Pura Vida!
ES IST doch so, dass Grußformeln stets die erste Lektion beim Erlernen einer Fremdsprache sind.Willst du nun Costa Rica besuchen, dann weißt du also, dass der Gruß "Pura Vida" ist. Eine schöne Art zu grüßen, die des kleinen Landes, das weltweit den größten biologischen Reichtum pro Flächeneinheit besitzt. Ein Drittel des Landesgebietes sind geschützte Flächen; so ist es ein idealer Ort, die Träume Wirklichkeit werden zu lassen, wie wir alle sie schon hatten, wenn wir uns im Fernsehen jene Dokumentarfilme anschauen und denken: "Das möchte ich gern erleben." Hier nun steht vieles zur Auswahl: Elf noch tätige Vulkane, 1200 km Küste am Pazifik und mehr als 99 km am Karibischen Meer, Urwald, Mangrovenwälder, Riffe, Wälder, Lavafelder,Berge... und dank der Größe des Landes können wir uns bei jedem Besuch von allem eine Kostprobe gönnen. Ah, die Costa-Ricaner nennen sich selber die "ticos" wegen ihrer Angewohnheit der Benutzung des Diminutivs: "Fui un momentico (Ich ging ein Momentchen), Estuve un ratico (Ich war ein Weilchen)". Sie sind vorangekommen, und das ohne Militär und mit hohen Bildungsindikatoren. Also,Natur und Menschen sind sehr wohl zu empfehlen. Das Landeszentrum Für internationale Flüge ist der Haupteingang die Hauptstadt San José.Den Reiseführern zufolge besitzt sie nichts Sehenswertes, vielleicht weil sie keine großartigen architektonischen Werte zu bieten hat, doch da wir alle irgendwann einmal hierher kommen, sehe ich mich nach etwas Lohnendem um und finde es in Gestalt des Goldmuseums. Christoph Kolumbus war es, der auf seiner vierten Reise im Jahr 1502 dem Land den Namen Costa Rica ("reiche Küste") gab, als er die mit viel Goldschmuck behängten Eingeborenen sah. Der Admiral hatte sich viel erhofft, doch dann erfüllten sich seine Erwartungen nicht. Das begehrte Metall gab es weder in großen Mengen noch lagerte es in Minen; doch die verfügbaren Golstücke bearbeiteten sie mit großer Meisterschaft. Das Museum birgt 2000 ausgezeichnete präkolumbische Ausstellungsstücke in Gold. Auf der anderen Seite des Häuservierecks steht das 1897 fertiggestellte Teatro Nacional, das architektonische Juwel des Landes, nach Art der Pariser Oper - jedenfalls behaupten es die "ticos" mit Stolz. In meinen Augen ist diese Ähnlichkeit ziemlich relativ; aber es ist trotzdem ein schöner Bau.
Auf der Suche nach diesem Miteinander von Natur und Kultur fahre ich am folgenden Tag nach Cartago.Bis 1823 war es die Hauptstadt des Landes.Von seiner kolonialen Architektur hat wenig überlebt, weil die häufigen Erdbeben viel zerstört haben. Im Parque Central stehen die Ruinen der Jakobuskirche (Parroquia Santiago Apóstol). Mit ihrem Bau begann man in der Kolonialzeit, doch zu einem Abschluss kam es nie,da sie wiederholt Opfervon Erdbeben war, auch wenn es in der Legende heißt: "Der Priester verliebte sich in eine verheiratete Frau, deren Ehemann tötete ihn, und der Ort wurde verflucht."...Bedenkt man es recht, kann so etwas fürwahr ein "Erdbeben" auslösen. Am Stadtrand die Basílica de Nuestra Señora de los Ángeles, Schutzheilige von Costa Rica. Es ist gerade ein günstiger Zeitpunkt, denn am 2. August ist das Gedenkfest dieser Mutter Gottes,und aus dem ganzen Land pilgern die Puerto-Ricaner zu diesem Wallfahrtsort. Jetzt wird mir auch klar,warum die Landstraßen so voller Menschen waren.Ich setze meine Fahrt fort und sehe sie nun in unglaublich weiter Entfernung starke Steigungen überwinden, denn der Panamerican Highway zieht sich durch die Zentralkordillere bis in Höhen von mehr als 2000 Meter (derzeit wird eine zweite gebaut, diese entlang der Pazifikküste).Viele Fromme füllen die Kirche. Mich beeindruckt die byzantinische Struktur, die großen Fenster des Baus.
Unterwegs erklärt mir mein Reiseführer Rodrigo Herrera: "Jener Grenzstein dort markiert den Mittelpunkt Amerikas.Von hier aus ist die Entfernung nach Alaska und nach Patagonien die gleiche. Weiter geht es bis zum Valle de Orosi, berühmt für seine schönen Landschaften sanften Hügellandes. Hier kam es zu den ersten spanischen Ansiedlungen. Als sich die Spanier für dieses Gebiet entschieden,werden sie freilich ihre Gründe gehabt haben, zudem sie hier warme Heilquellen zur Linderung jeglicher Art Schmerzen, ein Klima des ewigen Frühlings und fruchtbare Böden vorfanden. Die hiesige St. Joseph-Kirche, errichtet von Franziskaner-missionaren im Jahr 1743, ist der einzige gut erhaltene Kolonialbau des gesamten Landes. Ihr holzgeschnitzter Altar ist einen Besuch wert. Auf meiner Tour liegt die Casa del Soñador (Haus des Träumers).Es ist das Werk eines autodidaktischen Schnitzers, der das Holz des Kaffeestrauches als Ausgangsmaterial benutzte. Heute setzen seine Söhne die schöne Beschäftigung fort und schnitzen Figuren aus dem Wurzelholz des Kaffeestrauches, die sie dann sehr preisgünstig verkaufen. Von meiner Unterkunft aus bot sich mir ein unglaublicher Blick auf das Tal.Es gab noch mehr Interessantes doch alles wird überstrahlt von dieser phantastischen Aussicht.
Vulkane und Wasserfälle Costa Rica ist wohl eins der wenigen Länder, wo man eine Vulkaneruption von einem touristischen Aussichtspunkt aus verfolgen kann. Hier ist es der Vulkan Poas, der sich als König des Eruptionsspektakels entpuppt. Ziemlich früh klingelt mein Wecker, denn ich will zur Zeit am Gipfel (2708 m) sein, bevor die Wolken seinen fast 2300 Meter tiefen Krater einhüllen, aus dem zahlreiche Fumarolen ausströmen. Die Fahrt ist unkompliziert. Sie führt von San José über eine kurvenreiche Landstraße mit wunderschönen Ansichten von Kaffeeplantagen, deren dunkelgrüne Blätter mit dem Blau der fernen Berge kontrastieren. Der Kaffee von Costa Rica ist wegen seiner Qualität weltbekannt. Also werde ich nicht vergessen,zwei Pfündchen mitzunehmen, für mich selbst und zum Anbieten unter Freunden. Der Blick auf den Krater lässt erschauern. Ein leichter Schwefelgeruch umgibt den Gipfel. Alle dürfen fotografieren, und die Fotos werden nach unserer Rückkehr zu Hause beeindrucken; denn wir waren ja auf dem Gipfel eines tätigen Vulkans mit all seinen Fumarolen, die Hunderte von Metern empor dringen. Links schlägt eine große Zunge erstarrter Lava vom letzten Ausbruch 1953 eine große Bresche hangabwärts, auf der absolut nichts wächst. Rechts führt ein Pfad, streckenweise verborgen unter einem dichten Blätterdach aus verflochtenen Zweigen von Zwergbäumen mit barock verkrümmten Stämmen,zu einem erlosche-nen Krater voller Smaragdgrün reflektie-renden Regenwassers. Diesen Kratersee nennt man die Botos-Lagune. Nun vom stillen zum bewegten Wasser im freien Fall. In dieser Absicht besuche ich den nahen Wasserfall Catarata de la Paz in einem außergewöhnlich schönen natür-lichen Umfeld seitwärts der Landstraße, die in Gestalt einer alten - dem Landschaftsbild nicht abträglichen - Brücke aus Holz und Eisen über den Fluss führt. Die Wolken bemächtigen sich allmählich der Gipfel; es wird Abend.In der Ferne eine große Kaskade, und die Landschaft bekommt den Reiz des Geheimnisvollen, das den Menschen sich zwar unbedeutender fühlen lässt,ihm jedoch den Genuss jener wohltuenden Einsamkeit schenkt. Auf meiner letzten Reise hierher war ich am weiter nördlichen Vulkan Arenal, sehr aktiv Lava speiend, die seit 1968 unaufhörlich austritt. Diesen Vulkan betrachtet man besser abens, wenn die Lava in der Dunkelheit glänzt und die Explosionen spektakuläre Effekte am fernen Gipfel erzeugen, während wir das Knistern der dicken Lavazunge vernehmen, die den nur etwa hundert Meter entfernten Berghang herab fließt.
Das Kunsthandwerk Ein Souvenir von unserer Reise nach Costa Rica ist unschwer zu erhalten. Die schönen Artikel sind größtenteils aus HOLZ. Ja, die hiesigen Kunsthandwerker sind Experten im Bearbeiten von Edelhölzern, die - nur keine Aufregung - von Holzplantagen stammen. Sehr Typisches findet man in Sarchí. Hier entstand die Idee des Ausschmückens der Karren, die von Zugochsen bewegt wurden. Anfangs war es mehr eine Initiative der Bauern, die die Karren sowohl für ihre Landarbeit als auch für das Befördern der Familie von der inmitten der Kaffeeplantagen stehenden Wohnhütte zur Kirche benutzten. So mussten also diese Karren anständig hergerichtet und für die sonntägliche Messe schön gemacht werden. Es kam zu einem gesunden Wetteifern um den bestgeschmückten Karren; vielleicht kaufte sogar der eine oder andere Städter einen davon als Gartendekoration. So begann es;Karren wurden als Dekorationsobjekt verkauft. Derzeit werden sie in allen Größen und zerlegbar hergestellt, passen also in jeden Koffer. (Nur bei dem Ochsengespann hat man noch keine Miniaturausgabe erzielt; doch was nicht ist, kann noch werden.Wer weiß, was in zwanzig Jahren die Genmanipulationen alles bewirkt haben werden!) Die Angebotspalette wird von Mal zu Mal bunter: Schachbretter, Kredenzteller, Schalen, Kelche, Kästchen, Autos in Miniaturausgabe etc. Tausend Artikel in schönen Edelholz-kombinationen zu angemessenen Preisen.
Dominical Ich gebe zu, der Name gefiel mir (dominical bedeutet sonntäglich).So bestimmte ich mein nächstes Besuchsziel zum Teil wegen seines Namens,der nach Fiesta und ständigem Sonntag klingt. Ich dachte mir, es sei die Bezeichnung eines Ortes fortwährender Ferien. Nun, wir werden ja sehen. Wir fahren entlang dem Panamerican Highway, von dem man meinen könnte, es verbinde Alaska mit Patagonien, so lang ist es.Man sollte mich einmal mit einer Reportage über die gesamte Strecke dieser Fernstraße beauftragen, dann wäre dies eine Fahrt par excellence. Doch fürs erste zum Abschnitt von San José bis Panama, der anfangs ununterbrochen ansteigt bis zum höchsten Punkt nahe des beein-druckenden Berges La Muerte (3491 m) - zum Glück kam uns kein blockierender Erdrutsch ins Gehege - dann wird die Straße in Richtung Täler abrupt abschüssig, und eine Abzweigung führt mich zum Strand Dominical, einem Paradies für Surfer. Hier verfolgen sie ihre Welle. Hebt sich das Wasser, steigen sie auf ihr Surfbrett, gehen in die Schleife, versuchen sich auf dem Brett zu halten oder fallen wieder ins Wasser. Man merkt, dass ich kein Surfexperte bin, doch schaue ich ihnen gern zu. Etwa ein Dutzend Surfer sind im Wasser. Die anderen am Ufer machen ihre Surfbretter einsatzbereit. Zwei permanent anwesende Mitarbeiter des Rettungsdienstes sorgen für Sicherheit an diesem von starkem Wellengang geprägten Strand. Den Stand Dominical schmücken Palmen und ein schönes Umfeld. Die Hotels sind klein und elegant, gut in die Natur integriert, Restaurants in typischer Eigenart; und kann man campen.Zwar ist der Ort abgeschieden, doch ist alles Grundsätzliche vorhanden. Es ist ein Ort zum risikolosen Absondern. Mein Hotel heißt Cuna del Ángel. Es ist eine Art Boutique und alles andere als schlicht. Von hier aus fahre ich mit einem kleinen Schiff zu den Buckelwalen, denn der August ist ihre Paarungszeit, während der sich diese bis zu 15 Meter langen Säuger zur Fortpflanzung hier einfinden. Mit dem Boot erreicht man urwüchsige Strände und Felseneilanden. Ich schnorchle am Riff mit vielen Fischen in allen Farben; und am Abend beobachte ich den Sonnenunter- gang über dem großen Pazifischen Ozean. Man kann also viel unternehmen und hat dabei nichts zu tun.
Golfito Weiter südlich gelange ich nach Golfito an einer kleinen Bucht. Als einzige Stadt des Landes liegt Golfito in einem geschützten Gebiet, dem Nationalen Refugialgebiet für Wildtiere. Früherer Sitz der United Fruit Company, die hier in diesem exzellenten Naturhafen die Früchte einschiffte. Heute verbreiten die gestrichenen Holzhäuser jenes Flair eines "Bananenfilms". In der Tat wurde hier der Film über Chico Mendes gedreht. Golfito ist das Eingangstor zur Halbinsel Osa mit einem Waldgebiet, das es im heutigen Zentralamerika urwüchsiger nicht gibt. Hier erstreckt sich der Corcovado Nationalpark, dessen biologische Dichte allem Anschein nach die weltweit höchste ist. Per Auto begebe ich mich landeinwärts, komme aber nur bis Rincón. Eine Straße gibt es zwar, ist aber mit einem echten Greyerzer Käse zu vergleichen. Doch Fakt ist, die Abgelegenheit schützt die Wildheit des Gebietes.Wollen ist Können und was Mühe kostet, schätzt man doppelt. Daher genieße ich für ein Weilchen einen Traumstrand, für mich ganz allein, mit dengrößten Mangroven, einem sonnen-badenden Alligator mit offenem Schlund ... nun, ich will nicht lästig fallen. Vielleicht komme ich irgendwann einmal wieder. Dann bringe ich mehr Zeit mit; denn Zeit braucht man freilich. Jetzt nehme ich Kurs auf das Reservat der Boruca.Auf den letzten Kilometern wird aus der Straße ein Trampelpfad, der über eine Bergkuppe führt und herrliche Aussichten bietet. Die Boruca sind exzellente Kunsthandwerker. Ihre Spezialität sind Masken für die rituellen Tänze. Die Frauen fertigen manuell gestrickte Artikel, und für die Farbgebung benutzen sie natürliche Färbemittel. In dieser Gemeinde findet kann man Unterkunft in Privat-quartieren mit den grundlegenden Voraussetzungen finden. Ich erwähne das hier, falls jemand diese Erfahrung machen möchte (Anschrift im Reiseführer); und für die Menschen dort wird es immer eine Hilfe sein. Auch Guaymies kann man in dieser Zone antreffen, deren Frauen man sofort an ihren farbigen Tunikas erkennt. In diesem Teil der Pazifikküste umgibt die präkolumbischen Zivilisationen ein großes noch ungelöstes Rätsel. Es wurden Hunderte von Gesteinskugeln gefunden, mit ungewöhnlicher Perfektion gemeißelt und poliert.Der Durchmesser beträgt bei einigen nur wenige Zentimeter, andere hingegen erreichen 2,5 Meter und ein Gewicht von 16 Tonnen und mehr.Wenn wir bedenken, dass die meisten dieser Kugeln an einer Flussmündung liegen, die mehr als 20 km von den möglichen Steinbrüchen entfernt ist, dann wird das Ganze nur noch rätselhafter.
Wer hat sie gefertigt? Wie? Wann? Wo? Wofür? Man vermutet an ihnen eine astronomische Funktion. Nun ließ aber das Bananenunternehmen im Jahr 1930 die Zone entwalden, und viele der Kugeln erfuhren eine Ortsveränderung. Das erschwert den Archäologen das Studium ihrer Ausrichtungen und Schatten. Die größte Anzahl dieser Kugeln fand man in der Ortschaft Palmar Norte. Auf der Finca Nr. 6 liegen noch mehrere auf ihrem ursprüng- lichen Platz. Wie ich hörte, gibt es einige Kult-gruppen, die zu diesem Kugelfeld pilgern und im Umkreis der Kugeln ihre Zeremonien des modernen Schamanismus abhalten. Wollen sie damit etwa die Energie des Universums einfangen? Vermuten sie die Kugeln als ein Werk von Außerirdischen? Für alle Fälle berühre ich eine; es könnte ja sein, sie überträgt mir magische Fähigkeiten.