Das Athen von Kuba, Stadt der Kaziken und Konquistadoren, Piraten und Insulaner, Dichter und Sänger, Flüsse und Landschaften. Malerisch und historisch zugleich. Matanzas, das Venedig Lateinamerikas
Als der europäische Kalender das Jahr des Herrn 1509 ankündigte, tauchten in der Bucht von Guanima einige spanische Schiffbrüchige auf, die die friedlichen Siedler des Stammes Yucayo, eingeborener Kern der zukünftigen Stadt, um Hilfe baten. Ihre Absicht war, die weite Bucht zu überqueren und weiterzuziehen, bis sie auf die Eroberer trafen, die in Richtung Westen der Insel vorrückten. Die Ureinwohner, misstrauisch gegenüber den Spaniern, nahmen sie in mehreren Kanus auf, welche sie im tiefen Wasser kentern ließen, so dass die Eindringlinge ertranken. Es retteten sich nur zwei Frauen und ein Mann, die vom Kaziken des Ortes aufgenommen wurden. Zwei Jahre später wurden sie von einem Vorposten von Pater Fray Bartolomé de las Casas ausgelöst und berichteten von den unglücklichen Ereignissen. Seitdem wurde dieses Küstengebiet „Bahía de la Matanza“, die Bucht des Gemetzels, genannt.
Der Ruhm des Ortes ging unter den Seefahrern von Mund zu Mund. Durch seine hervorragende geographische Lage, den großen Tiefgang der Bucht, die herrlichen Landschaften, seine geschützte Lage und die relative Vernachlässigung vonseiten der Behörden der Krone florierten schließlich in dieser Gegend über lange Zeit hinweg der unkontrollierte Handel, Freibeuterei, Schmuggel und Piraterie.
Im Jahr 1628 wurde in der „Bucht des Gemetzels“ der wichtigste Kaperschlag gegen die Silberflotte ausgeführt. Der niederländische Freibeuter Piet Pieterszoon Heyn erbeutete den größten bekannten Schatz in diesen Gewässern und führte ihn nach Holland, wo er noch heute als Nationalheld gefeiert wird.
Die von der Heimsuchung des Ortes erschütterten Spanier versuchten mehrere Male, eine Stadtfestung zu gründen, um Havanna vor einem Angriff auf dem Landweg zu verteidigen, denn sollte eine fremde Macht die Kontrolle über diese Bucht übernehmen, entstünde eine unmittelbare Gefahr für die Hauptstadt. Schließlich wurde 1689 die Genehmigung für den Bau eines „befestigten Ortes zum Bevölkern“ erteilt, wodurch die Bedingungen für die Entstehung einer neuen Stadt bereitet wurden.
Unter dem Namen San Carlos und San Severino de Matanzas wurde die neue Stadt am 12. Oktober 1693 auf ausdrücklichen Befehl der spanischen Krone gegründet. In ihrer Konzeption waren alle notwendigen Elemente vorhanden, die es erlauben festzustellen, dass ihre Gründung und ihre Stadtplanung den modernsten Regeln der Zeit entsprechen. Es erfolgte eine Erkundung und Vermessung des Ortes, der Grundriss wurde abgesteckt, es wurden die 33 Familien von den Kanarischen Inseln dahin gebracht, die die neue Stadt bevölkern würden, die Gründungszeremonien wurden abgehalten, das Land für die ersten Fabriken, Häuser und Gebäude wurden verteilt und der erste Stein der königlichen Burg von San Severino wurde geweiht. Der Platz für die Kirche der Stadt wurde bestimmt und an jenem Tag wurde auf diesem Boden vom Bischof von Kuba, Diego Evelino de Compostela, im Beisein des Generälkapitäns der Insel, Severino de Manzaneda, die erste Messe gelesen, die San Carlos Borromeo gewidmet war. In den Kapitelsakten wurde beschrieben, wie der neue Tempel gebaut werden und welchen Aufbau und welche Abmaße er haben sollte.
Die neue Kirche, die gegenüber der heutigen Kathedrale stand, wurde erbaut und mit der ersten Messe in ihrem Inneren am 8. Oktober 1695 geheiligt. 37 Jahre lang hielt ihre bescheidene Struktur in jenem Dorf mit Stadtnamen. Am 19. Oktober 1732 zerstörte einer der häufigen Hurrikane der Karibik das Gebäude und zog den Rest der Bevölkerung erheblich in Mitleidenschaft. Die Heiligenbilder wurden zum Hause von Domingo Amoedo gebracht, so dass die Gottesdienste eine Zeit lang hier stattfanden, bis zum Wiederaufbau des alten Tempels. In diesem Zeitraum beschlossen die Nachbarn, am öffentlichen Platz einen neuen Tempel zu errichten, dort, wo heute die Kathedrale von Matanzas steht.
Aufgrund dieser Geschehnisse verlieh der König von Spanien im Jahre 1734 der Familie Amoedo das Privileg, ein in Stein gemeißeltes Familienwappen zu haben, was sie zu den ersten Wappenträgern der Stadt machte und das Haus zum „Haus der Ketten“, welche von jeder Seite seiner Tür auf die Straße hinaus hingen. Konnte sich ein Justizflüchtling an eine dieser Ketten klammern, wurden ihm alle seine Vergehen vergeben und er wurde sofort befreit.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlebte das Gebiet eine außergewöhnliche Entwicklung der Zuckerwirtschaft. Von der Position 44, die die Stadt im 18. Jahrhundert hatte, stieg Matanzas 1850 auf den zweiten Platz und konkurrierte in vieler Hinsicht mit der Hauptstadt.
Dieser Boom war auf eine fast schwindelerregende Zunahme der Anzahl von Zuckerfabriken zurückzuführen. Gab es im Jahre 1820 in der Provinz 160 Zuckerfabriken, so waren es 1845 mehr als 300 und bereits 1856 lag ihre Zahl höher als 600. Der gesamte Reichtum dieser gewinnbringenden Industrie wurde über den Hafen von Matanzas exportiert. Es gab einen Zeitpunkt, an dem 57% des Zuckers der Insel und 37% der Weltproduktion in diesem Gebiet erzielt wurden. In jener Zeit wurden die zahlreichen neoklassizistischen Schlösschen gebaut, aus dem heute das historische Zentrum besteht, wurden die Straßen gepflastert, und es kam zur Blüte der Dichtkunst, der Literatur, der Wissenschaft und der Musik. Aufgrund dieser kulturellen Entwicklung wird die Stadt zum Ende der 50er Jahre des neunzehnten Jahrhunderts zum „Athen Kubas“ erklärt.
Die Stadt ist durch ihre Umgebung gesegnet, in der die natürlichen und städtischen Landschaften in perfektem Gleichgewicht zusammenlaufen, umgeben von Tälern, Hügeln, Höhlen, Flüssen, Quellen, Meeresterrassen, Stränden, Klippen, Abgründen und einer wunderschönen Bucht, der tiefsten des Landes mit ihren 950 Metern.
Die Natur hat Matanzas mit einem Untergrund ausgestattet, der reich an Karsthöhlen ist, von denen sich etwa 60 um die Stadt herum befinden, darunter die Simpson Höhlen, die 1789 für Besuche eröffnet wurden (im Jahre 1805 nahm Bischof Espada die ersten speläologischen Berichte Kubas vor) und die als der älteste Tourismusort des Landes gelten. Ebenso die Höhlen von Bellamar, die im Jahre 1861 entdeckt wurden und die als das touristische Zentrum gelten, das über mehr Jahre hinweg betrieben worden ist.
Während des 19. Jahrhunderts, das als das Goldene Zeitalter von Matanzas gilt, wurden folgende bedeutende Gebäude errichtet: Das Zollgebäude des Hafens, erbaut von Julio Sagebien und hervorgehoben als das erste neoklassizistische Gebäude in Kuba. Das Rathaus der Stadt (1853) als das älteste Kubas, das sich als solches in Betrieb befindet. Die große Pfarrkirche, die 1912 zur Kathedrale wurde und als das erste eklektische Gebäude der Insel bezeichnet wird. Das Sauto Theater (1863), heute ein Nationaldenkmal, das die drittbeste natürliche Akustik auf der Welt hat. Zusammen mit dem Nationaltheater von Costa Rica sind dies die einzigen beiden Theater jener Zeit, die ihr Parterre anheben können, um den Theatersaal in einen Ballsaal umzuwandeln.
Während des zwanzigsten Jahrhunderts war Matanzas weiterhin ein kultureller Vorkämpfer des Landes. Hier war es die Dichterin Carilda Oliver Labra, die das literarischen Firmament eroberte. Sie brach mit allen Regeln der Zeit, bot der blutigen Tyrannei von Fulgencio Batista die Stirn, indem sie den „Gesang auf Fidel“ schrieb, als dieser in der Sierra Maestra kämpfte, und war gleichzeitig eine Pionierin der erotischen Dichtung.
Motivationen für einen Jahrestag
Matanzas ist auch eine Stadt der Beinamen: das freundliche Yucayo, das amerikanische Venedig, die Stadt der lateinamerikanischen Gewässer, die Yumuri-Stadt, die Stadt der Brücken, das Athen Kubas, die Stadt der Narren, die Stadt der Volksmacht. Kubas Geschichte kann nicht ohne diese Stadt geschrieben werden, die in diesem Jahr 325 Jahre alt wurde und in der Seele des kubanischen Volkes und der Dankbarkeit ihrer Kinder verwurzelt ist.
Mit der Motivation des 325. Jahrestages der Gründung der Stadt Matanzas, der am 12. Oktober 2018 begangen wurde, ist seit 2014 ein Aktionsplan im Gange, der darauf konzentriert ist, die Stadt auf diesen bedeutenden Geburtstag vorzubereiten. Deshalb erhielt das Sanierungsprojekt den Namen Matanzas 325, dessen Ziel darin bestand, das historische Zentrum städtebaulich wiederzugewinnen und ausgehend von ihren Werten des historischen und kulturellen Erbes Räume von Interesse für den Tourismus zu schaffen
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