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Von jedem etwas

Des Öfteren habe ich mich gefragt, woher diese so besondere Wesensart stammt; denn stets trifft man lachende Gesichter, eine Einladung zum Miteinander und vor allem die Art und Weise eines schnellen und liebenswürdigen Verstehens des Besuchers.

Die Karibik war die erste Region Amerikas, der die Europäer begegneten, als sie im Oktober 1492 auf einer Insel der Lucayas bzw. Bahamas landeten. Sie war das Tor, das, einmal offen, vielen Menschen Einlass in die Neue Welt gewährte und es zum beeindruckendsten Zusammentreffen in der Geschichte kam.

Selbst Christoph Kolumbus war erstaunt über den Empfang, den die Bewohner von Guanahaní (El Salvador) den Reisenden, die den Ozean überquert hatten, bereiteten. So schrieb auch der Admiral in sein Reisetagebuch:

„...schwimmend kamen sie zu den Booten der Schiffe und brachten uns Papageien und aufgewickeltes Baumwollgarn sowie viele andere Dinge und tauschten sie gegen die Sachen ein, die wir ihnen gaben, wie Glasperlen und Schellen. Sie nahmen und gaben alles freiwillig, was sie hatten.“

Sollten wir, die wir diesen Teil der Welt bevölkern, die Freundlichkeit etwa schon in den Erbanlagen besitzen?

Wird diese besondere Wesensart vielleicht von unserem schönen geographischen Umfeld beeinflusst?

Die Antwort ist nicht in unserer biologischen Kondition zu suchen, auch nicht nur in der Wirkung dieses vorzüglichen Klimas auf unseren Charakter, sondern im Prozess der Herausbildung unserer zwar unterschiedlichen doch gleichzeitig sehr ähnlichen kulturellen Merkmale.

In unserer Region kam es seit jeher zu Kreuzungen. Ihre ersten Bewohner, die Aruaken, waren den Angriffen der sich immer mehr nach Norden bewegenden Karaiben ausgesetzt. Wellen von Eingeborenen bezwangen die geringen Entfernungen unserer Inselkette. In Kanus überquerten sie das Wasser, suchten neues Land und vermischten sich.

Danach kamen die Europäer aus den verschiedensten Gegenden des alten Kontinents: Spanier aller Provinzen des Landes, Engländer, Franzosen, Italiener, Holländer, Flamen, Deutsche. Ihrer Absichten waren es viele, doch alle waren angezogen vom Zauber jener neuen Welt.

Hier gewöhnten sie sich ein - „wurden heimisch“, wie es bei uns heißt; sie wurden zu „indianos“ und ihre Nachkommen zu ganz anderen Menschen als die Eltern.

„Es muss gesagt werden, dass in allen zur spanischen Krone gehörenden Staaten Amerikas es zwei Klassen von Bewohnern gibt, die einander so entgegengesetzt sind wie in Europa die Spanier und die Franzosen. Es handelt sich um Gebürtige aus dem Mutterland, die sich in jenen Regionen niederlassen, und um die dort Geborenen spanischer Eltern, von den Europäern „criollos“ (Kreolen) genannt, um sie von ihrer Klasse zu unterscheiden.“

Eine neue Wesensart bildete sich heraus durch eine Kultur, die bereichert wurde durch die systematische und lang währende Eingliederung von Afrikanern, die in der Folge des unseligen „Dreieckshandels“ diesem Teil der Welt ein definitives Gepräge gaben.

Die aus den verschiedensten Völkerschaften, Stämmen, Sprachfamilien stammenden Menschen unterschieden sich mehr voneinander als die Europäer. In unserer Region vermischten sie sich mit den sogenannten Weißen, wobei die Spanier des 16. Jahrhunderts aufgrund der über mehr als acht Jahrhunderte währenden Präsenz der arabischen Kulturen auf der iberischen Halbinsel bereits von einer tiefen Rassenmischung geprägt waren.

Später dann kamen aus dem Fernen Osten die Filipinos, Chinesen und Hindus und gründeten ihre Heime in unserer Region. Hebräer, Syrer und Araber komplettierten ein Gemisch von Völkern und Kulturen, das den Sud von Sprachen, Geschmäckern und Gebräuchen immer dicker werden ließ.

Sämtliche verschmolzen und bildeten, nach den Worten des mexikanischen Denkers José Vasconcelos, die „kosmische Rasse“.

Die Zeit und die Präsenz von immer mehr Menschen der verschiedensten Teile der Welt bereicherten den Nährboden, auf dem sich unsere Kultur entwickelte.

Zu all dem kommt das unaufhörliche Hin und Her der Menschen, dieses permanente Merkmal der Region, wodurch die Entstehung von Musikgenres wie Kalypso, Son, Bolero, Reggae und Jazz begünstigt wurde. Ein klangvoller Handelsname in der zeitgenössischen Musik ist die von starkem Karibikeinfluss geprägte Salsa.

Noch heute hält der Zustrom von Menschen aus aller Welt an, die in unserem großen Gemisch der Kulturen eigene Merkmale feststellen können. Wir sind ein Schmelztiegel alles Humanen; und das könnte der Grund sein, weshalb wir einen Jeden aus fast allen Teilen der Welt völlig unkompliziert bei uns aufnehmen.

Als Besucher sind Sie nicht nur willkommen, sondern in Ihnen erkennen wir auch uns selbst. Ein Beweis für diesen allumfassenden Charakter unserer Kultur liefern die vielen Gerichte mit ihren zahlreichen Zutaten, von den entfernten brasilianischen feijoadas mit Geschmack nach Karibik bis zu den kubanischen ajiacos, den puerto-ricanischen habichuelas, den vielen Bouillons der französisch- und englischsprachigen Inselstaaten der Karibik oder dem dominikanischen sancocho, ein Nationalgericht jenes Landes, dessen Mischung seiner vielen Zutaten zeigt, wie man jenen Geschmack erzielen kann, den wir als karibisch bezeichnen könnten.

Alberto Faya